GENiAL 3-2017
18 | GENiAL | 3-2017 V iel wurde in den letzten Jahren bereits über den Trend zum Selbermachen und die Implikationen für Wirt- schaft und Gesellschaft diskutiert. Unbenommen ist dabei, dass es einige Treiber gesellschaftlicher, ökono- mischer und technologischer Natur gibt, die diese Entwicklung unterstützen. DIY ist einerseits Ausdruck des Strebens nach Autarkie und Partizipation, stellt ökonomisch die reinste Form der Individualisierung dar und ist technologisch durch die neuen Informations- und Kommunika- tionstechnologien vielfach erst ermöglicht worden. Wie sich dies aber mit- tel- bis langfristig auf die wirt- schaftlichen Strukturen aus- wirkt, ist eher unsicher. Wenn es auch vereinzelt Märkte gibt, die durch den DIY-Trend maß- geblich beeinflusst werden können, wie unter anderem die Erzeugung von Medien- inhalten, Energieerzeugung, Mode und Design, ist die bis- herige Wirkung in vielen Fällen recht überschaubar. Aus ökologischer Sicht bleibt einstweilen der Konflikt zwischen dem Ziel der Ressourcenschonung und dem Wunsch nach individualisierten Produkten ungelöst. Individualisierung und Personalisierung in Wirtschaftsprozes- sen gehen häufig zulasten der Effizienz, der Ressourceneinsatz wird bei einem gesellschaftlichen Durchbruch zum Selberma- chen zunächst steigen. Dies könnte sich in Zukunft durch die absehbare Killerapplikation des DIY, den 3-D-Druck, ändern: Die neuen Verfahren drehen die bisherigen Konstruktionsprinzipien um, die Produkte werden nicht mehr aus vorgefertigten Formen Welche wirtschaftliche Dimension erreicht das Selbermachen? Was ist der quasi-industrielle Aspekt von Do it yourself (DIY)? Hat der Trend zum Sel- bermachen nachhaltige Effekte, und wie integrieren ihn Unternehmen? Der Standpunkt des Zukunftsforschers Holger Glockner. gewonnen, sondern Schicht für Schicht „gedruckt“. Dadurch kann die Materialintensität gemindert und so die Nachhaltigkeit der selbstorganisierten Prozesse sichergestellt werden. Dabei gilt es aber, den Fokus nicht nur auf die Produktion, sondern auch auf die damit verbundenen logistischen Prozesse zu richten. Nachhaltiges Selbermachen erfordert jedoch Formen des kooperativen Individualismus. Nur in Zusammenarbeit, nicht in Autono- mie können Indi- viduen den (Teil-) Umstieg in eine neue Lebens- und Wirtschafts- kultur ressour- censchonend bewältigen. Den individuellen Lernprozessen, dem Entfalten von Kreativität und Innovation muss eine Neu- konfiguration der Wertschöp- fungsnetze gegenüberstehen, wodurch sich für (Start-up-)Un- ternehmen die Chance bietet, die Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessstufen neu zu definieren und zu besetzen. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich DIY in bestimm- ten Nischenmärkten durchsetzen kann. Vor allem aber wird es zu einem Selbermachen mit Anleitung kommen: Individuen wer- den durch unternehmerische Angebote erst in die Lage versetzt, Dinge und Prozesse selbst zu gestalten. Intelligente Formen der Kollaboration sind der entscheidende Erfolgsfaktor für die Mög- lichkeiten, neue Technologien dem Selbermachen zur Verfügung stellen. Upcycling „Aufpimpen“ von Kleidung, Accessoires und Deko, die sonst im Müll landen würden Social Do it Yourself gemeinsam basteln, handwer- ken, Ideen austauschen und sich gegenseitig helfen Weben – am liebsten mit veganen Stoffen Indoor-Gärten für Großstädter nach dem Motto Platz dafür ist in der kleinsten Hütte Do it yourself Food Weg von industriell produzierten Nahrungsmitteln und hin zu selbstangebauten Ge- müse, Obst und Kräutern sowie zu selbstkreierten Müsli und Kuchen Nur in Zusammenarbeit, nicht in Autonomie können Individuen den (Teil-)Umstieg in eine neue Lebens- und Wirtschaftskultur ressourcen- schonend bewältigen. Studie von Burda Forward: Social Trends Do it yourself
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