GENiAL 3-2017

26 | GENiAL | 3-2017 W ie können neue Wege in der Führung aussehen? Was zeichnet eine mo- derne Unternehmens- kultur aus? Ersetzen dezentrale Daten- strukturen demnächst Volksbanken und Einkaufsgenossenschaften? Auf diese und andere Fragen gab das zweite Zu- kunftsforum der GenoAkademie in Dort- mund Antworten. Vor allem aber stärk- ten die Referenten Zweifel am Sinn alter Sicht- und Vorgehensweisen. Philipp Jung vom RWGA-Kooperationspartner Quest Team – die Potenzialförderer: „Es verän- dert sich fast alles rasend schnell. Wer sagt, in seinem Umfeld sei das nicht so, der bekommt es nur nicht mit.“ Diesmal war das Zukunftsforum im Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik zu Gast. „Financial Supply Chain Management“ war das Stichwort für die von Institutsleiter Professor Michael Hen- ke prognostizierte Zeitenwende in der Finanzdienstleistungswelt. Die Commerz- bank kooperiere mit Fraunhofer in Sachen Blockchain-Technologie, investiere also in eine dezentrale Datenstruktur. Diese sei unter anderem Grundlage für intelligente elektronische Verträge (Smart Contracts). Die automatisierte Abwicklung von Ge- schäftsvorfällen in der Logistikbranche stünde im Vordergrund. Stark berührt sei- en aber auch die Kernkompetenzen „Geld sicher bewegen“, „Handel finanzieren“ so- wie „Risiken übernehmen“. Die Unternehmens- und Führungs- kultur beim Outdoor-Ausrüster VAUDE aus Baden-Württemberg stellte Organi- sationsentwickler Felix Bongen vor. Die Gehälter beim Nachhaltigkeitspreisträger seien auf keinen Fall höher als bei Wettbe- werbern, in der Führungsetage eher deut- lich niedriger. Viele der in Gang gesetzten Projekte führten am Ende nicht zu einem marktfertigen Produkt. Und doch herrsche in dem rund 500-Mann-Familienbetrieb ein starkes Gefühl des Mit- und Fürein- anders sowie hohe Selbstverantwortung. „Wir haben eher das Problem, dass Leu- te zu viel arbeiten und wir sie vor sich selbst schützen müssen“, so Bongen. Das Rezept dahinter: viel zuhören, viel reden, alles zulassen, auch Verrücktes ausprobie- ren – und klare Regeln für den Umgang miteinander. Flache Hierarchien und viel Vertrauen Die Führungskulturen in der Hotelerie ins Visier nahm Marco Nussbaum, Hotelier und Inhaber von prizeotel. Flache Hierar- chien und hohe Verantwortung für jeden Mitarbeiter – auch für den Auszubilden- den – sind der Weg dieses erfolgreichen Start-ups. Hinzu komme ein überdurch- schnittliches Gehalt für Berufsanfänger. „Anders“, so Nussbaum, „bekommst du doch heute kein gutes Personal.“ „Emergenz“ und „Flow“ als Leitprinzi- pien für eine neue Führungskultur nannte der norddeutsche Unternehmer, Verlags- leiter, Buchautor, Künstler, Kommunen- pionier und Genossenschaftsgründer Jo- hannes Heimrath. Dabei steht Emergenz für neue Eigenschaften und Strukturen, die sich in einem System bilden, wenn die Systemelemente zusammenspielen. Flow dagegen ist das Glück, das sich bei völliger Vertiefung in eine Aufgabe oder Leistung einstellt und viel Schaffenskraft mitbringen kann. Führungskräfte auch in Genossen- schaften hätten die Aufgabe, die dafür notwendige Infrastruktur bereitzustellen, so Heimrath. Dies gelinge am besten auf Augenhöhe und mit viel Vertrauen in die Fähigkeiten der Menschen, die man als Mitarbeiter ausgesucht und oft auch ausgebildet habe. Heimrath war es denn auch, der am heftigsten reagiert hatte auf die Zukunftsvorstellungen der Fraunhofer- Experten. „Warum seid ihr so still?“, fragte er provozierend in die Runde: „Wo kommt ihr denn her?“ NORDRHEIN-WESTFALEN NeueWege finden in der Unternehmenskultur Fraunhofer Die 1949 gegründete Fraunhofer- Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. (Fraunhofer) ist mit rund 24.500 Mitarbeitern die größte Organisa- tion für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa. Namensgeber ist Joseph von Fraunhofer (1787–1826). Ziel der Fraunhofer-Gesellschaft ist es, anwendungsorientierte For- schung zum unmittelbaren Nutzen für Unternehmen und Gesellschaft durchzuführen. Dies geschieht in mehr als 80 Forschungseinrichtun- gen, davon 69 Instituten, an über 40 Standorten in ganz Deutschland. Im Jahr 2011 hat die Fraunhofer- Gesellschaft 673 neue Erfindun- gen gemeldet. Davon wurden 494 Entwicklungen zum Patent angemeldet. Der Bestand aktiver Schutzrechte und Schutzrechtsan- meldungen erhöhte sich auf 6.131. Quelle: Wikipedia Veranstaltungsort des zweiten Zukunftsforums war das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. Fotos: Genossenschaftsverband, Privat

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