GENiAL 3-2017
34 | GENiAL | 3-2017 D a gibt es nichts zu jammern“, sagt Benjamin Schmöde. „Es sind nun mal nicht die rosigs- ten Zeiten für die Fischerei.“ Er ist 34 Jahre alt, Kaufmann und Chef der Fischergenossenschaft Fehmarn. Es gibt vier Fischereigenossenschaften in Schleswig-Holstein, in denen sich Be- triebe der Küstenfischerei und Kleinen Hochseefischerei organisiert haben. „Fi- scherei ist kein normales Geschäft“, sagt Schmöde. „Wir können nicht wissen, was abends im Netz ist.“ Dorsch, Hering, Wittling, Sprotten und Plattfische heißen die frischen Fische aus der Ostsee. „Dazu gehört ganz, ganz viel Erfahrung“, sagt Schmöde, „um zu wis- sen, wo der Fisch ist.“ Die Fehmarner Ge- nossenschaft liegt geschützt am Burger Binnensee im Süden Fehmarns nahe am Fischerei- und Handelshafen in Burgstaa- ken. Sie bietet alles, sagt Schmöde, „was der Fischer braucht“. Fangquoten werden gekürzt Auf Fehmarn sind noch 13 Betriebe in der Genossenschaft, die in der Hochsaison bis zu 30 Mitarbeiter hat. Fast in Sicht- weite auf dem Festland in Heiligenha- fen leitet Ulrich Elsner die Küstenfischer Nord-Genossenschaft mit ihren Tochterge- sellschaften, die nur noch 21 Mitgliedsbe- triebe mit inzwischen aber wieder 72 in Vollzeit arbeitenden Mitarbeitern hat. Dabei ist Schleswig-Holstein das Land der Fischerei. In Nord- und Ostsee wird seit ewigen Zeiten gefischt. Die Fangan- landungen der schleswig-holsteinischen Kleinen Hochsee- und Küstenfischerei betragen jährlich insgesamt etwa 58.000 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte im Wert von über 50 Millionen Euro. Rund 1.600 Beschäftigte verarbeiten im Land zwi- schen den Meeren Fisch, rechnet der Lan- desfischereiverband Schleswig-Holstein vor, der 1877 gegründet wurde. Was aber in den Netzen der Ostsee- Fischer zappelt, das bestimmen längst nicht mehr nur Wind und Wetter. Etliche Fischbestände werden mit EU-Quoten bewirtschaftet. Nachhaltige Fischerei mit Schongebieten und -zeiten wie auch größere Maschenweiten der Netze las- sen einige wichtige Fischarten, wie den Dorsch, wieder häufiger in der Ostsee antreffen. Dennoch: Die Quote wurde in diesem Jahr um 56 Prozent gekürzt. Und für nächstes Jahr hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Quoten für Ostseehe- ring und für den Dorsch in der östlichen Ostsee erheblich zu kürzen. Und selbst Freizeitangler dürfen seit diesem Jahr pro Tour nur drei bis fünf Dorsche aus dem Wasser holen. Vielfältiger Vertrieb Die Genossenschaften bringen die Fische gemeinsam zu Auktionen in die Nieder- lande oder zu anderen Großabnehmern in Europa. Sie vermarkten frischen Fisch auch direkt in eigenen Fischläden und gezielt an Abnehmer im Hinterland. Die Fehmarner arbeiten mit der Erzeugerge- meinschaft der Nord- und Ostseefischer in Cuxhaven zusammen und betreiben im Hafen von Burgstaaken auch eine bei Tou- risten beliebte Schau-Fischräucherei. Wichtig für den Tourismus Die Fischer sind längst auch Aushänge- schilder des Tourismus an Nord- und Ost- see geworden. Wie wichtig sie sind, hat ihnen die Bundesregierung jüngst noch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag bescheinigt. „Ohne Fischfang und Frischfischanlandungen in den Häfen der Ostsee würden wichtigeTeile der Infra- struktur (Häfen, Versorgungswege) kaum mehr rentabel zu betreiben sein“, ist da zu lesen, „außerdem würde der Tourismus, der aktive Häfen mit Fischereiaktivitäten erwartet, erheblich leiden.“ Die Zahl der Fischkutter in den Genos- senschaften sowie der Menschen, die in der Fischerei arbeiten, sinkt seit Jahren, stellen Schmöde wie Elsner nüchtern fest. Die Kutter werden immer älter, die Eigentümer auch – und es finden sich oft keine Nachfolger mehr in der eigenen Fa- milie. Zwar legen inzwischen auch Frauen das Kapitänspatent ab und fahren zur See, doch Schmöde gibt zu bedenken: „Die Ar- beit ist kein Zuckerschlecken.“ Das gilt auch die Rahmenbedingungen der Fischerei. Fischer an Ost- und Nord- see und ihre Abnehmer diskutieren oft mit Politik und Wissenschaft den Zustand der Fischbestände, über nachhaltige Fi- scherei, Verbraucherwünsche und die ho- hen Betriebskosten. Wieder bessere Aussichten Dem gegenüber stehen derzeit Erzeu- gerpreise, die wieder nach oben gehen, sagt Elsner zufrieden. Das lässt für den Berufsnachwuchs hoffen. Jeweils drei junge Menschen werden derzeit in Betrie- ben der Genossenschaften zum Fischwirt ausgebildet. Ulrich Elsner sagt ihnen eine „gute Zukunft“ voraus. Die vier Fischereigenossenschaften in Schleswig-Holstein: Küstenfischer Nord eG Heiligenhafen Geschäftsführer: Ulrich Elsner www.kuestenfischer-nord.de Fischverwertung Kieler Förde eG Geschäftsführer: Kai-Arne Schmidt Fischergenossenschaft Fehmarn eG Geschäftsführer: Kai-Arne Schmidt www.fehmarnfisch.com Fischverwertung Lübecker Bucht Erzeugergemeinschaft eG Geschäftsführer: Benjamin Schmöde www.fischhandel.net Fischen ist kein Zucker Die Fischerei-Genossenschaften in Schleswig-Holstein setzen auch auf Tourismus und Gastronomie. fFotos: fotolia/Christa Colista undTravelpeter
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