GENiAL 4-2017
4-2017 | GENiAL | 15 AUS DEM VERBAND S eit dem 1. Juli 2017 ist Franz- Josef Holzenkamp Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands. Holzenkamp möchte den Ände- rungs- und Anpassungsprozess der land- wirtschaftlichen Genossenschaften voran- treiben und sich offensiv der Kritik an der modernen Landwirtschaft stellen. GENiAL interviewte ihn im Vorfeld der diesjährigen Winterschulungen, die in Brandenburg starteten. Welches sind die größten Herausfor- derungen, denen sich die Agrarge- nossenschaften stellen müssen? HOLZENKAMP: Politisch werden die Jahre 2018 und 2019 sehr stark durch die Diskussion über die nächste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) be- stimmt sein. Hier muss die Position der Agrargenossenschaften deutlich gemacht werden. Gesellschaftlich stehen die Ag- rargenossenschaften wie die gesamte Landwirtschaft in Deutschland vor der Herausforderung, die wirtschaftliche, öko- logische und soziale Nachhaltigkeit ihres Wirtschaftens zu vermitteln und weiter zu entwickeln, um so die gesellschaftli- che Akzeptanz zu verbessern. Betrieblich geht es darum, die Agrargenossenschaft als kooperative Personengemeinschaft in der Landwirtschaft wirtschaftlich wetter- fest zu machen und zugleich Vision sowie Strategie für das Gemeinschaftsunterneh- men zu verankern. „Gesellschaftliche Akzeptanz für die Agrarwirtschaft verbessern“ Was werden Sie als DRV-Präsident tun, damit Agrargenossenschaften als Mehrfamilienunternehmen durch die GAP gegenüber Einzelunter- nehmen nicht weiter benachteiligt werden? Es ist uns gemeinsam in den zurücklie- genden Reformen der GAP gelungen, den besonderen Charakter als Mehrfamilien- unternehmen nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel zu verdeutlichen. Dieser Betriebstyp genießt in der nationalen Ag- rarpolitik, in der EU-Agrarpolitik und durch- aus bei Nichtregierungsorganisationen, die ansonsten der Landwirtschaft kritisch gegenüberstehen, Respekt und Anerken- nung. Das nutzen wir, um die Positionen der Agrargenossenschaften in die Reform- diskussion so einzubringen, dass es nicht zu weiteren Benachteiligungen kommt. Agrargenossenschaften sind ein Zukunftsmodell für die Kooperation von Landwirten. Wie schätzen Sie die Zukunftschancen in Deutschland und in Europa ein? Die Agrargenossenschaften haben ein- drucksvoll unter Beweis gestellt, dass in dieser Betriebsform erfolgreich und nach- haltig Landwirtschaft betrieben werden kann. Inwieweit sie ein Zukunftsmodell im voranschreitenden Agrarstrukturwandel sind, muss sich erweisen. Gegenwärtig stellen wir einen leichten Rückgang der Anzahl der Agrargenossenschaften fest. Der Strukturwandel schreitet aber weiter voran und erreicht neue Stufen, auf denen möglicherweise kooperative Modelle inte- ressanter werden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn andere Größenordnun- gen erreicht, andere Organisationsformen benötigt oder andere Arbeitskraftmodelle umgesetzt werden sollen. Das zeigen un- ter anderem die Kooperationsprojekte in der Sauen- oder Mastschweinehaltung in Westdeutschland. In Frankreich und in Italien gibt es be- reits kooperative Modelle in der Landwirt- schaft. In Mittel- und Osteuropa müssen wir allerdings feststellen, dass der Begriff der Genossenschaft aufgrund der histo- rischen Erfahrungen immer noch negativ besetzt ist. Das Programm Das diesjährige Winterschulungs- programm des Genossenschafts- verbands für Agrargenossenschaf- ten bietet kompaktes Praxiswissen für den Arbeitsalltag. Zu den Schwerpunkten gehören Strategien für eine zukünftige Ausgestaltung der Unternehmensform Agrarge- nossenschaft, aber auch Fachthe- men zur Ausrichtung von Betriebs- zweigen sowie Aktuelles aus Steuerrecht und Buchhaltungsvor- schriften. Die Schulungen starteten Anfang November 2017 und enden Mitte März 2018. www.dazumehr.de/ winterschulung Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands Fotos: kiv_ph/Fotolia, Lars Johansson/Fotolia, DRV, Meierei Sarzbüttel
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