GENiAL 4-2017
NORDRHEIN-WESTFALEN Ton, Steine, Scherben – Ärchäologie am Hellweg B ielefeld gibt es nicht!“ Das behaupten tatsächlich ei- nige Verschwörungstheoretiker. Sie gehen davon aus, dass die Stadt nicht existiert, sondern sämtliche Hin- weise auf ihre Existenz nur Teil und Werk der groß angelegten „Bielefeldverschwörung“ sind. Die Existenz von Bie- lefeld werde der Bevölkerung nur vorgetäuscht, um an dieser Stelle etwas ganz anderes zu verbergen. Der Archäologe Hanns Neidhardt kann darüber nur lachen. Er und seine Fachkollegen der Genossenschaft Archäologie am Hellweg haben eindeutig bewiesen, dass Bielefeld existiert – und das schon sehr lange. Das dokumentieren ihre Ausgrabungen, die seit dem Frühjahr im historischen Zentrum am Alten Markt laufen. Ausgelöst durch umfangreiche Neu- und Umbaumaßnah- men, haben sie hier im hellen Sandboden Relikte der Stadtge- schichte aus der Zeit vor der Gründung Bielefelds im Jahr 1214 gefunden. Die Geno-Archäologen entdeckten unter anderem vie- le Brunnen aus der Stadtgründungsphase des 13. Jahrhunderts sowie Spuren älterer Höfe. Einige Funde – sie stammen aus ei- ner Vorratsgrube mit in Nordostwestfalen extrem seltener jung- bronzezeitlicher Siedlungskeramik – können sogar bis zu 3.000 Jahre alt sein, eine genaue Datierung steht noch aus. Insgesamt werden bei dieser Grabung die Besiedlungsspuren vom Hoch- mittelalter bis in die Neuzeit bauvorgreifend dokumentiert. Für Hanns Neidhardt und seine Mitstreiter in der Genossen- schaft ist diese Grabung nur eine von vielen. Hinter dem Na- men „Archäologie am Hellweg eG“ verbirgt sich ein Zusammen- schluss von ursprünglich vier freiberuflich, teilweise bereits zuvor projektbezogen in einem lockeren Verband als GbR arbeitenden Archäologen. „Wir haben 2013 die Rechtsform einer Genossenschaft ge- wählt, weil der gemeinschaftliche Gedanke, die Verantwortlich- keit des Einzelnen innerhalb einer Gemeinschaft und der daraus entstehende Rückhalt im Vordergrund stehen sollte“, sagt Neid- hardt. Und mit der Namenswahl Archäologie am Hellweg wurde bewusst ein regionaler Bezug zu Westfalen gesucht, denn hier arbeitet die Genossenschaft. Ihre Aufgabe ist es, Ausgrabungen zu planen, das Material auszuwerten und die Funde und Fund- plätze wissenschaftlich zu bewerten. Wie zum Beispiel auch in Dortmund: Hier wurden die Är- chäologen bei der Erneuerung der Fernwärmeleitung am Ostwall beauftragt, einen Abschnitt am Adlerturm archäologisch zu unter- suchen. Zum Vorschein kam dabei ein sehr gut erhaltenes Stück der ehemaligen mittelalterlichen Stadtmauer. Die Auftraggeber, die Dortmunder Stadtwerke, nahmen dies zum Anlass, einen Teil der freigelegten Stadtmauer zu versetzen und als Denkmal aufzustellen. Erfolgreiche Arbeit, die sich rumspricht. Immer mehr Aufträge und Mitglieder kamen dazu. Inzwischen arbeiten neun Archäolo- gen in der Genossenschaft zusammen. Sie werden je nach Pro- jekt von erfahrenen Grabungshelfern und Fachstudenten unter- stützt. „Erzielte Gewinne werden in die technische Ausstattung investiert, damit wir größere Projekte, wie zurzeit in Bielefeld, gut stemmen können“, so Neidhardt. Dank der Archäologie am Hellweg ist es also amtlich: Bielefeld gibt es wirklich. WWW.DGHYP.DE GEMEINSAM FINANZIEREN – GEMEINSAM PROFITIEREN.
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