GENiAL 4-2017

36 | GENiAL | 4-2017 Der Freistaat Sachsen hat viele Stärken, welches sind seine drei größten? Zu nennen wären eine breit aufgestellte Forschungslandschaft, die mit der Wirt- schaft eng verwoben ist, und eine stabile und gut laufende Wirtschaft. Hinzu kommt trotz der aktuell schwierigen Situation bei der Gewinnung von Lehrern insgesamt ein gutes Bildungsangebot mit guten Bil- dungschancen. Vor allem aber sind es die Bürgerinnen und Bürger, die mit klugen Ideen und ihrer Arbeit dieses Land stark machen und die vielen, vielen Menschen, die durch ihr bürgerschaftliches Engage- ment für Zusammenhalt in der Gesell- schaft sorgen. Welchen Beitrag können Genos- senschaften zur Verbesserung der Standortbedingungen in Sachsen leisten? Schon heute tragen beispielsweise Woh- nungsgenossenschaften und Genossen- schaftsbanken zu attraktiven Standortbe- dingungen im Freistaat Sachsen bei. Ein mieterfreundlicher Wohnungsmarkt und breit aufgestellte Kreditgeber sind we- sentliche Bestandteile einer sich ständig weiterentwickelnden Volkswirtschaft. Auch die Agrargenossenschaften sind ein Beispiel für effektive Strukturen, die hier zumeist in Ostdeutschland und im Frei- staat Sachsen existieren. Wohnungsgenossenschaften küm- mern sich zunehmend um Wohnformen und Wohnmodelle für Senioren, um ihnen so lange wie möglich ein selbstbestimm- tes Leben im Alter – in den eigenen vier Wänden – zu ermöglichen. Wie können Genossenschaften nicht nur zur wirtschaftlichen, sondern auch zur gesellschaftlichen Entwick- lung Sachsens beitragen? Eine wichtige Form, das Leben der Men- schen miteinander attraktiv zu gestalten, sind Sozialgenossenschaften. Hier gibt es unterschiedlichste Formen innovativer, organisierter bürgerschaftlicher Selbst- hilfe. Mit Lösungen, die auf die Vorort- Bedingungen ausgerichtet sind, kann auf soziale Bedürfnisse reagiert werden. Beispielhaft dafür sind Quartierskonzepte oder Dorfläden. Solche Initiativen können das Dorf- und Gemeindeleben bereichern und der Landflucht entgegenwirken. Gerade in den ländlichen Regionen sind Genossen- schaften in vielfältiger Art ein wichtiger Mittelpunkt des sozialen Lebens. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten für Bür- ger, Unternehmen und Kommunen, durch genossenschaftliche Kooperation die eige- ne Heimatregion voranzubringen. Eine andere Möglichkeit des Engage- ments sind Beteiligungsmodelle von Ge- nossenschaften im Bereich erneuerbarer Energien. Solche Energiegenossenschaf- ten sollten noch stärker vermarktet und intensiver im Bewusstsein der Bevölke- rung verankert werden. Das Gelingen der Energiewende ist auf die Akzeptanz vor Ort angewiesen. Wenn Genossenschafts- mitglieder an den Einnahmen dezentraler Energieerzeugung partizipieren können, ist dafür ein wichtiger Schritt getan. Dresden und Leipzig sind zwei von deutschlandweit zwölf digitalen Drehscheiben, sogenannte Digital Hubs. Wie schaffen Sie es, damit die digitale Zukunft auch in der Fläche ankommt? Sind Breitbandgenossen- schaften eine Option? Die Wirtschaftsstruktur in Sachsen ist seit jeher geprägt von einem Mix aus Unter- nehmen in urbanen Ballungszentren und vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen im ländlichen Raum. Un- sere sächsischen Hubs sind so konzi- piert, dass sie als Leuchttürme auch in die Fläche hineinwirken. Sie sollen die Innovationen aus Hochschulen und Start- ups mit den Kompetenzen des regiona- len Mittelstands verknüpfen, damit auch Firmen im ländlichen Raum bei der Digi- talisierung von Geschäftsmodellen und Produktionsprozessen unterstützt wer- den. Dazu braucht es Know-how-Transfer genauso wie eine gute Infrastruktur. Um auch Sachsen auf dem Weg in die Giga- bit-Gesellschaft weiter voranzubringen, sind Breitbandgenossenschaften einer von vielen guten Bausteinen. Der Breit- bandausbau vor allem im ländlichen Raum wird von Sachsen massiv unterstützt, da aus vielen Bereichen des Lebens digitale Lösungen, Angebote und Versorgungsfor- men nicht mehr wegzudenken sind. Wenn Sie eine Genossenschaft grün- den würden, was für eine wäre es und mit wem würden Sie das gerne gemeinsam machen? Genossenschaftliches Wirken ist keine Frage des Alters. Lohnenswert wäre es beispielsweise, die frischen Ideen junger Leute zu nutzen und sie gleichzeitig an gemeinsames Wirtschaften heranzufüh- ren. Sei es eine kleine Konzertagentur, ein Schülercafé oder um Firmen zu einer mo- derneren Kundenansprache zu beraten: die Genossenschaft ist für solche lokalen, selbstorganisierten Projekte eine gute Plattform. BUNDESLAND-SPEZIAL | SACHSEN „Mit Genossenschaften die Heimatregion voranbringen“ Martin Dulig (SPD) ist Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie stellvertretender Ministerpräsident im Freistaat Sachsen. GENiAL befragte ihn zur Bedeutung von Genossen- schaften für die Wirtschaft und Gesellschaft des Bundeslandes. Foto: Sächsisches Staaatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Foto: Laufer/Fotolia

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