GENiAL 4-2017
W ährend andere landwirt- schaftliche Genossen- schaften nach der Ernte ihre Geschäftstätigkeit saisonbedingt zurückfahren, herrscht bei der Agrarproduktivgenossenschaft e.G. Lückersdorf/Gelenau (Landkreis Bautzen) Hochbetrieb. Grund dafür ist das florie- rende Geschäft mit Weihnachtsbäumen. Auch um ihre 17 Mitarbeiter in der kalten Jahreszeit ausreichend beschäftigen zu können, ist die Genossenschaft mit Sitz in der landschaftlich reizvollen Westlau- sitz seit 2002 mit einer Fläche von zwei Hektar in die Produktion von Nadelbäu- men eingestiegen. Jahr für Jahr hat sich die Anbaufläche seitdem vergrößert. Heu- te wachsen auf 16 Hektar etwa 125.000 Bäume heran. Wie die Agrargenossenschaft zur „Forstgenossenschaft“ wurde? Der Vor- standsvorsitzende Matthias Frenzel er- innert sich: „Wir hatten es Anfang der 2.000er Jahre mit stark schwankenden Weizenpreisen zu tun. Deswegen waren wir auf der Suche nach einer Erlös-Kon- stante. Zum Anbau von Nadelbäumen für das Weihnachtsgeschäft wurden wir schließlich durch einen Anbauer aus dem Baden-Württembergischen inspiriert. Er betrieb bereits auf einer Nachbarschafts- fläche mit einem privaten ortsansässigen Anbauer eine Tannenbaum-Produktion.“ Sieben Jahre muss die Tanne wachsen Im Lausitzer Bergland mit seinen sandig- lehmigen Böden fanden die Gelenauer für ihren neuen Erwerbszweig auch topo- grafisch optimale Bedingungen. Matthias Frenzel: „Wir haben auf unseren Flächen keine Bodensenken. Die Wahrscheinlich- keit von Spätfrösten im Mai ist deswegen relativ gering. Spätfröste sind eine große Gefahr für den Maiwuchs. Die jungen Trie- be erfrieren bei den Minustemperaturen, was die Bäume nachhaltig schädigt und den Verkauf dieser Bäume zu Weihnach- ten unmöglich macht.“ Während die von der Genossenschaft auf insgesamt 700 Hektar Fläche ange- Ä Tännschen please! bauten Ölsaaten (Raps), das Getreide (Winterweizen), der Mais und die Feld- früchte (Kartoffeln und Erdbeeren) in Wo- chen oder Monaten zur Ernte heranreifen, ist dies bei den Nadelbäumen eine Frage von Jahren. Nach etwa sieben Jahren er- reichen die von einer niedersächsischen Baumschule bezogenen drei Jahre alten Setzlinge ihre Sollgröße. Die Bäume – zu 90 Prozent Nordmanntannen, dazu Blau- fichten und serbische Fichten – sind dann zwischen 1,5 und 1,8 Meter hoch. 8.000 Weihnachtsbäume jedes Jahr „Geerntet“ wird in jedem Jahr die Fläche eines Hektars – rund 8.000 Bäume. „Trotz Motorsäge bedeutet das für unsere Leu- te vier Wochen harte Knochenarbeit“, sagt der gelernte Landwirt Frenzel. Etwa 6.000 Bäume gelangen in jedem Jahr über den Handel in die sächsischen Wohnstuben. Ein geringer Teil der Bäume wird jährlich zu Schnittgrüngebinden à zwei Kilogramm für Handel oder Endkunden verarbeitet. Rund 2.000 Bäume setzt die Genossen- schaft im Direktvertrieb ab. An den vier Adventssamstagen serviert die APG dazu auch Glühwein und Schmalzbrote. Gern nutzen Familien aus der Nach- barschaft, aber auch Vereine und Firmen dann die Gelegenheit, sich ihren Tannen- baum selbst auszusuchen, frisch zu schla- gen und einnetzen zu lassen. Bezahlt wird nach Größe. In diesem Jahr liegt der lau- fende Meter bei rund 15 Euro. Angesichts von 8.000 abgesetzten Bäumen für die Genossenschaft eine sichere Einnahme in einer umsatzschwachen Jahreszeit. Verkaufszeiten sind jedes Jahr vom 1. De- zember bis zum 23. Dezember. Der größte Tannenbaum der Welt schmückt seit 1996 alljährlich den Dortmunder Hansaplatz. Der 45 Meter hohe und 90 Tonnen schwere Gigant entsteht in vierwöchiger Aufbauzeit auf einer Grundfläche von 400 Quadratmetern aus 1.700 sauerländischen Rotfichten. Fotos: pixamo/Fotolia, by Studio/Fotolia (2), Agrarproduktivgenossenschaft eG Lückersdorf/Gelenau,Thomas Winkler, Lünen 125.000 Weihnachtstannen wachsen bei der Agrarproduktivgenossenschaft eG Lückersdorf/Gelenau heran. 4-2017 | GENiAL | 39
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