GENiAL 4-2017
46 | GENiAL | 4-2017 AUS DER REIHE Fotos: Joern Dudek, snyGGG/Fotolia Garantiert schwindelfrei – die Schornsteinfegermeisterschaft Berlin Zum Glück gibt es den Schornsteinfeger Es bringt Glück, einem Schornsteinfeger an den Arm, an die Schulter oder an einen goldenen Knopf seines Kollers zu fassen. Auch etwas Asche vom Kaminkehrer im Gesicht, so der Volksglaube, ruft das Glück herbei. Dieser Aberglau- be stammt aus dem Mittel- alter: Damals war es eine Katastrophe, wenn der Kamin verstopft war, nicht mehr wärmte und Essen nicht mehr zubereitet werden konnte. In dieser Situation brachte der Schornsteinfeger die Rettung und damit das Glück zurück ins Haus. Außerdem schützte die Reinigung des Kamins vor Häuserbrand, da sich der Ruß nicht mehr so schnell entzün- den konnte. So bewahrte der Schornsteinfeger Leib und Leben und den Besitz der Bewohner und wurde dafür von diesen zum Glücksbringer erklärt. E in Schornsteinfeger bringt bekanntlich Glück – vor allem zum Jahresende. Bei der Schornsteinfegermeisterschaft Berlin eG sind es gleich 309. Sie sind Mitglieder der 145 Jahre alten Genossenschaft im Stadtteil Wilmersdorf. Diese bietet über ihren Zentraleinkauf den Schornsteinfegern alles, was ihr Herz begehrt: vom Bürobedarf über Werkzeug und Reinigungsmittel bis hin zu Schornstein- und Kameratechnik. Auch die heute nur noch selten getragene traditionelle Berufskleidung aus schwarzer Jacke, der so- genannte „Koller“ sowie Arbeitshose und Zylinder oder Käppi sind dort zu finden. Das Bild des Schornsteinfegers, der schwindelfrei auf den Dächern die Kamine kehrt, hat sich schon längst verändert und modernen Zeiten angepasst: Er überprüft und kalibriert die Messgeräte für Öl- und Gasfeuerstätten, für die die Genossenschaft einen Vergleichs- prüfstand bereithält. Sehr gefragt sind auch Spezialgeräte zur Dichtheitskontrolle und zur Staubmessung. Darüber hinaus arbeiten Schornsteinfegermeister zunehmend auch als Fachberater rund um das Thema Energieeffizienz. Kostenvorteile durch gemeinsamen Einkauf zu erzielen oder die Mitglieder durch Ser- viceleistungen und fachliches Know-how zu fördern: Das war nicht immer Sinn und Zweck der Berliner Schornsteinfegermeisterschaft. Ihre fünf 1872 gegründeten Berliner Vorgän- gergenossenschaften wollten vor allem die Kehrarbeit in Berlin gerecht verteilen, um dem unlauteren Wettbewerb ein Ende zu setzen. Außerdem wollten sie bei ihrem nicht unge- fährlichen Beruf im Todesfall auch ihre Familien finanziell absichern. Mit der Einführung von Einheitskehrbezirken im Jahr 1921 entfiel für die Ge- nossenschaften die ursprüngliche Aufgabe, die Kehrarbeit zu verteilen. Stattdes- sen vergaben die damals noch vier Genossenschaften zinsgünstige Kredite an neu bestellte Mitglieder. Ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschich- te war das Jahr 1942. Mitten im Krieg verschmolzen die vier Genossenschaften zur „Schornsteinfegermeisterschaft Berlin-Brandenburg eGmbH“. Weil die Schornstein- fegergenossenschaft nur in Westberlin arbeitete, nannte sie sich dann 1975 in „Schornsteinfegermeisterschaft Berlin eG“ um.
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