- 29.11.2024
- Grundsatzblog

Die BaFin hat am 19. Oktober 2021 eine Anordnung nach § 48 Absatz 7 Kreditwesengesetz (KWG) bekannt gemacht, mit der die Loan-to-Value-Begrenzung Luxemburgs für private Wohnimmobilienfinanzierungen anerkannt wird. Dies ist für die Banken auch in Deutschland relevant, welche Wohnimmobilien in Luxemburg finanzieren. Die Allgemeinverfügung gilt ab dem 20. Oktober 2021 als bekannt gegeben. Die Regelungen treten sechs Wochen später in Kraft.
Für die Vergabe neuer Darlehen zum Erwerb oder zum Bau von in Luxemburg belegenen Wohnimmobilien an private Darlehensnehmer ist von deutschen Kreditinstituten bei privaten Darlehensnehmern, die erstmalig eine Wohnimmobilie als Hauptwohnsitz erwerben oder bauen (Ersterwerber), für die Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relation eine Obergrenze von 100% einzuhalten. Bei privaten Darlehensnehmern, die eine Wohnimmobilie als Hauptwohnsitz nicht als Ersterwerber erwerben oder bauen, für die Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relation eine Obergrenze von 90% einzuhalten. Kreditinstitute können bis zu 15% des Volumens ihres Portfolios neuer Darlehen an solche Kreditnehmer zum Bau oder zum Erwerb von in Luxemburg belegenen Wohnimmobilien mit einer Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relation von über 90%, aber unterhalb der maximal zulässigen Obergrenze von 100% vergeben.
Bei allen anderen privaten Darlehensnehmern, insbesondere solchen, die eine Wohnimmobilie erwerben oder bauen und Wohnungen in einem nicht gewerblichen Umfang vermieten ist eine Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relation von 80% einzuhalten. Für die Vergabe der oben genannten Darlehen gelten bestimmte Ausnahmen wie Sanierungen von Eigentum des Kreditnehmers, soziale Wohnraumförderung, Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen (zu den Details vgl. § 48u Abs. 1 Satz 3 KWG). Das Freikontingent ist auf Null festgesetzt.
Im Neugeschäft bleiben solche privaten Wohnimmobilienkredite ausgenommen, deren Wert nicht mehr als 50 T€ beträgt (Bagatellgrenze). Jedoch darf ein Kreditinstitut pro Kalenderjahr nur 1 % der Kreditsumme seines gesamten Neugeschäfts der im selben Kalenderjahr vergebenen oben bezeichneten Darlehen unter Nutzung der Bagatellgrenze vergeben (Obergrenze für die Vergabe von Darlehen unter der Bagatellgrenze). Sind die Forderungen des Darlehensgebers aus dem Darlehen durch die Bestellung von Hypotheken oder Grundschulden an der Immobilie gesichert und übersteigen diese nicht die ersten 80 % des Beleihungswerts, finden die Beschränkungen bis zum Beleihungswert von 200 T€ keine Anwendung. Sind die Forderungen des Darlehensgebers aus dem Darlehen durch die Bestellung von Hypotheken oder Grundschulden an der Immobilie gesichert und übersteigen nicht die ersten 60 % des Beleihungswerts, finden die Beschränkungen bis zum Beleihungswert von 400 T€ keine Anwendung.
Hintergrund ist, dass die Commission de Surveillance du Secteur Financier (luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde) auf Empfehlung des Comité du Risque Systémique gemeinsam mit der Banque Centrale du Luxembourg mit Wirkung zum 1. Januar 2021 im Rahmen der makroprudenziellen Aufsicht gestaffelte Beleihungsgrenzen für den Erwerb von Wohnimmobilien in Luxemburg durch private Darlehensnehmer erlassen hat (im Folgenden Loan-to-Value-(LTV)-Beschränkungen). Am 18. Dezember 2020 hat Luxemburg den Erlass der Beleihungsgrenzen dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) angezeigt und um freiwillige reziproke Anwendung nach ESRB-Empfehlung 2015/23 in ausgewählten Nachbarstaaten gebeten. Die Bitte um reziproke Anwendung ihrer Maßnahme hat die luxemburgische Aufsicht an solche anderen Staaten gerichtet, deren Banken bereits in nicht unerheblichem Umfang grenzüberschreitend Kredite an private Haushalte in Luxemburg vergeben haben, darunter Deutschland und Frankreich.
In Reaktion auf die Luxemburger Bitte hat der ESRB am 11. Juni 2021 eine Empfehlung (ESRB 2021/2) zur freiwilligen reziproken Anwendung herausgegeben. Der ESRB schließt sich darin der Argumentation Luxemburgs dahingehend an, dass Ausweichreaktionen zu grenzüberschreitenden Kreditgebern möglich sind und empfiehlt daher die reziproke Anwendung der Maßnahmen in solchen Staaten, in denen vom ESRB festgelegte Wesentlichkeitsschwellen überschritten sind. Das aufsichtliche Meldewesen indiziert, dass die Exposures deutscher Kreditgeber die Wesentlichkeitsschwellen überschreiten. Insoweit erfolgt die reziproke Anwendung der luxemburgischen Maßnahme in Deutschland.
Die BaFin erkennt gemäß § 48u Abs. 7 S.1 KWG die luxemburgischen LTV-Beschränkungen an und ordnet daher für den Erwerb und den Bau von in Luxemburg belegenen Wohnimmobilien gestaffelte Darlehensvolumen-Immobilienwert-Relationen entsprechend den Vorgaben Luxemburgs für deutsche Kreditinstitute an. Da eine Vergleichbarkeit der Beschränkungen ausreicht – mithin keine Identität der Maßnahmen erforderlich ist – schadet es auch nicht, dass die LTV-Beschränkung aus Luxemburg Regelungen enthält, die im deutschen Recht nicht vorgesehen sind (Beschränkungen in Luxemburg z.B. auch für Versicherungen; das deutsche Recht enthält keine entsprechende Regelung).
Die BaFin wird die festgelegten Beschränkungen gemäß § 48u Abs. 4 KWG alle sechs Monate überprüfen. In der Allgemeinverfügung wird auch die durch die Luxemburgische Behörde geschaffene Rechtssituation dargestellt.
Prüfung und Betreuung Banken IV (Großbanken Nord-West / Junior Auditor)
Bereichsleiter