- 05.11.2024
- Grundsatzblog
- 12.04.2024
- von Christina Weißkirchen
Die Schwellenwerte im HGB zur Größenbestimmung von Unternehmen werden erhöht. Ab wann sind diese geänderten Schwellenwerte anzuwenden und welche Auswirkungen sind zu beachten?
Zum Gesetzgebungsverfahren
Die in §§ 267, 267a HGB in Bezug auf die Merkmale „Bilanzsumme“, „Umsatzerlöse“ und „Arbeitnehmeranzahl im Jahresdurchschnitt“ definierten Schwellenwerte dienen der Einstufung von Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften im Sinne von § 264a Absatz 1 HGB in die Größenklassen „kleinst“, „klein“, „mittelgroß“ oder „groß“. § 293 HGB definiert entsprechende Schwellenwerte für Konzernabschlüsse und schafft größenabhängige Befreiungen von der Aufstellungspflicht.
Der Deutsche Bundestag hat am 22. Februar 2024 das „Zweite Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ (Änderungsgesetz) beschlossen, durch das die Schwellenwerte für die Größenmerkmale „Bilanzsumme“ und „Umsatzerlöse“ um 25 % angehoben werden.
Der Bundesrat hat das Änderungsgesetz in seiner Plenumssitzung am 22. März 2024 abschließend behandelt. Das Änderungsgesetz tritt in Kraft, sobald seine Ausfertigung, Unterzeichnung sowie die Verkündung im Bundesgesetzblatt Teil 1 erfolgt sind.
Durch die geänderte Gesetzgebung werden die Vorgaben der sogenannten Schwellenwertrichtlinie der EU (Delegierte Richtlinie (EU) 2023/2775) umgesetzt, auf deren Grundlage eine Überprüfung und Anpassung bisheriger Schwellenwerte vorzunehmen und in nationales Recht zu überführen war.
Anwendungszeitpunkte: EGHGB und GenG
Durch eine Übergangsvorschrift im EGHG wurde das Wahlrecht geschaffen, die angehobenen Schwellenwerte der §§ 267 Absätze 1 und 2, 267a Absatz 1 Satz 1 und 293 Absatz 1 Satz 1 HGB rückwirkend bereits auf Jahresabschlüsse und Lageberichte sowie Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte für ein Geschäftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 2022 beginnt. Bei einem kalenderjahrgleichen Geschäftsjahr bedeutet dies somit eine Anwendung bereits für das Jahr 2023.
Die Regelungen von § 267 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit § 267a Absatz 1 Satz 2 HGB sowie § 293 Absatz 4 Satz 1 HGB (Über-/Unterschreitung der Größenmerkmale an den Abschlussstichtagen zweier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre) sind hierbei zu beachten.
Bei Inanspruchnahme des Wahlrechts zur rückwirkenden Anwendung sind die geänderten Regelungen „nur insgesamt“ anzuwenden. Ein Mutterunternehmen muss folglich das Wahlrecht zur vorzeitigen Anwendung für den Jahres- und Konzernabschluss einheitlich für dasselbe Geschäftsjahr ausüben.
Erstmals verpflichtend anzuwenden sind die handelsrechtlichen Vorschriften in der Fassung des Änderungsgesetzes für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen.
In das GenG wurde eine Übergangsvorschrift zur Anwendung der geänderten Größenmerkmale nach § 267a Absatz 1 Satz 1 HGB aufgenommen. Danach ist § 267a Absatz 1 Satz 1 HGB in seiner geänderten Fassung für die Einstufung als Kleinstgenossenschaften in § 53a Absatz 1 Satz 1 GenG erstmals anzuwenden auf die Prüfung für ein frühestens am 31. Dezember 2024 endendes Geschäftsjahr.
Auswirkungen auf Rechnungslegung, Prüfung und Offenlegung
Kreditgenossenschaften unterliegen gemäß § 340a Absatz 1 HGB in Bezug auf Aufstellung von Jahresabschluss und Lagebericht stets den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften. Auch größenabhängige Befreiungen nach § 293 HGB gelten für Kreditgenossenschaften nicht. Die Anhebung der Schwellenwerte entfaltet somit für sie keine Relevanz.
Genossenschaften, die unter Anwendung der höheren Schwellenwerte einer niedrigeren Größenklasse zuzuordnen sind (zum Beispiel "klein" statt "mittelgroß"), können etwaige handelsrechtliche Erleichterungen bei der Aufstellung von Abschluss und Lagebericht sowie auch in Bezug auf die Offenlegung beanspruchen.
Die Pflicht zur Erteilung eines Bestätigungsvermerks im Rahmen der Abschlussprüfung entfällt (§ 58 Absatz 2 Satz 1 GenG), wenn eine Genossenschaft auf Grundlage der angehobenen Schwellenwerte nicht mehr als groß einzustufen ist.
Die erstmalige Anwendung von § 267a HGB in der geänderten Fassung für ein kalenderjahrgleiches Geschäftsjahr 2024 führt perspektivisch ab 2025 dazu, dass mehr Genossenschaften nur noch als Kleinstgenossenschaften einzustufen sind und eine vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG in Anspruch nehmen können.
Sprechen Sie hierzu gerne an:
Christina Weißkirchen
Grundsatzfragen Rechnungslegung und Praxisorganisation
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