Newsroom

EZB veröffentlicht Ergebnisse ihrer Kreditumfrage im Euroraum

  • 14.04.2022
  • von Norbert Baumstark
  • Grundsatzblog

Die Europäische Zentralbank hat die Ergebnisse der Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet vom April 2022 veröffentlicht.

Die Kreditrichtlinien (d. h. die internen Richtlinien oder Kriterien einer Bank für die Kreditgewährung) für Unternehmenskredite (inklusive Kreditlinien) wurden im ersten Quartal 2022 verschärft. Die Vergaberichtlinien für Wohnungsbaukredite an private Haushalte wurden insgesamt geringfügig gestrafft, während jene für Konsumentenkredite und sonstige Kredite an private Haushalte abermals gelockert wurden. Als Gründe für die Verschärfung der Kreditrichtlinien für Unternehmen wurden die nach Einschätzung der Banken gestiegenen Risiken sowie eine niedrigere Risikotoleranz angeführt. Ausschlaggebend hierfür waren die hohe Unsicherheit, Störungen der Lieferketten sowie die hohen Preise für Energie und Vorleistungsgüter.

Für das zweite Quartal 2022 wird eine deutlich stärkere Verschärfung der Richtlinien für die Vergabe von Unternehmenskrediten erwartet, die auf die Ungewissheit bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und die Erwartung einer weniger "akkommodierenden" Ausrichtung der Geldpolitik zurückzuführen sein dürfte. Überdies rechnen die Institute mit etwas strengeren Vergaberichtlinien für Wohnungsbaukredite sowie für Konsumentenkredite und sonstige Kredite an private Haushalte.

Die Bedingungen für die Neukreditvergabe der Banken insgesamt (d. h. die in den Kreditverträgen vereinbarten tatsächlichen Kreditbedingungen) wurden im ersten Quartal 2022 sowohl bei den Unternehmenskrediten als auch bei den Wohnungsbaukrediten an private Haushalte leicht gestrafft. Mit Blick auf die an Unternehmen vergebenen Kredite war dies in erster Linie durch eine deutliche Ausweitung der Margen für risikoreichere Ausleihungen bedingt, die Margen für durchschnittliche Kredite wurden hingegen nicht so stark ausgeweitet. Bei Konsumentenkrediten und sonstigen Krediten an private Haushalte wurden die Kreditbedingungen insgesamt etwas gelockert, da die Margen für die Kredite verengt wurden.

Es ergab sich abermals eine höhere Nachfrage nach Unternehmenskrediten und Inanspruchnahme von Kreditlinien. Zurückzuführen ist dies auf einen deutlich positiven Beitrag des Finanzierungsbedarfs der Firmen für Betriebsmittel, Grund dafür sind Störungen der Lieferketten sowie aus Vorsichtsgründen erfolgte Lager- und Liquiditätshaltung. Die Anlageinvestitionen trugen weiterhin positiv zur Kreditnachfrage bei, wenngleich ihr Einfluss schwächer ausfiel als im Vorquartal. Auch das niedrige allgemeine Zinsniveau und der sonstige Finanzierungsbedarf, z. B. für Fusionen und Übernahmen sowie für Umfinanzierungen und Umschuldungen, leisteten einen positiven Beitrag zur Kreditnachfrage der Unternehmen.

Die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten sowie nach Konsumentenkrediten und sonstigen Krediten an private Haushalte nahm im ersten Quartal 2022 erneut zu. Gestützt wurde die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten vor allem durch das niedrige allgemeine Zinsniveau. Die Nachfrage nach Konsumentenkrediten ergab sich durch die Ausgaben für Gebrauchsgüter und – wenn auch in geringerem Umfang – durch das Verbrauchervertrauen. Für das zweite Quartal 2022 wird mit einem weiteren Anstieg der Kreditnachfrage der Unternehmen gerechnet, jedoch mit einer Abnahme der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten und einer weitgehend unveränderten Nachfrage nach Konsumentenkrediten.

Der Zugang der Banken zur Finanzierung über die Finanzmärkte verschlechterte sich nach deren Angaben im ersten Quartal 2022, was die angespannteren Finanzmarktbedingungen für die Banken widerspiegelte. Die Institute gaben an, dass sich die Programme der EZB zum Ankauf von Wertpapieren und die dritte Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III) weiterhin positiv auf ihre Liquiditätsposition und die Finanzierungsbedingungen am Markt ausgewirkt hätten. Näheres zu dieser Thematik wird in der Pressemitteilung der EZB ausgeführt.

Die Banken erwarten, dass es in den nächsten sechs Monaten aufgrund der Auswirkungen der EZB-Ankaufprogramme insgesamt zu einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen kommen wird und die Kreditvolumina zumeist negativ beeinflusst werden. Die per saldo zu beobachtende Lockerung der Kreditrichtlinien der Banken und der positive Effekt auf die Kreditvergabevolumina infolge des negativen Einlagezinssatzes und der GLRG-III-Geschäfte werden sich den Erwartungen zufolge abschwächen.

Die viermal im Jahr durchgeführte Umfrage zum Kreditgeschäft wurde entwickelt, um einen besseren Einblick in das Kreditvergabeverhalten der Banken im Euroraum zu gewinnen. An der Umfrage nahmen 151 Banken teil (Rücklaufquote 100 %). In der EZB-Pressemitteilungen sind das Zahlenmatrial und zugehörige Diagramme verlinkt, welche die Entwicklungen verdeutlichen und veranschaulichen.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

Michael Wellmann Profil bild
WP/StB

Dr. Michael Wellmann

Prüfung und Betreuung Banken IV (Großbanken Nord-West / Junior Auditor)
Bereichsleiter

  • 0152 21796370