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EZB zeichnet bedenkliches Bild zum Umgang mit Klima- und Umweltrisiken

  • 23.11.2022
  • von
  • Grundsatzblog

Ein Bericht der EZB zum Umgang mit Klima- und Umweltrisiken zeigt eklatante Lücken und Schwächen, aber auch schon bewährte Verfahren aus den Kreditinstituten auf.

In der Erhebung zur Umsetzung der aufsichtlichen Erwartungen bei Klima- und Umweltrisiken wurden 186 Institute (107 SIs und 79 LSIs) berücksichtigt. Dabei kamen mehr als 80 % dieser Institute zu dem Schluss, dass Klima- und Umweltrisiken eine wesentliche Einflussgröße auf sowohl ihre Strategie als auch auf ihr Risikoprofil sind; 70 % sehen diese Risiken sogar als wesentlichen Risikofaktor im Geschäftsplanungshorizont von 3 bis 5 Jahren. Immerhin verfügen Stand November 2020 bereits 85 % der geprüften Institute zumindest über grundlegende Praktiken, um den aufsichtlichen Erwartungen im Umgang mit Klima- und Umweltrisiken zu begegnen. Erste Beispiele bilden festgelegte Leistungs- und Risikoindikationen sowie Verantwortlichkeiten innerhalb der Institute. Jedoch fehlen diesen Ansätzen laut der EZB unter anderem noch sowohl die methodische Finesse als auch die Nutzung von Risikoinformationen auf einer granularen Datenebene.

In mehreren Fällen ließ sich keine klare Risiko-Governance zu Klima- und Umweltrisiken feststellen, womit die Fähigkeit diese Risiken zu lenken stark eingeschränkt ist. Dennoch zeigen sich vorteilhafte Anzeichen. So nutzen besonders weit entwickelte Institute wissenschaftliche Methoden, mit deren Hilfe sie ihr Portfolio im Hinblick auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens aus dem Jahr 2015 bewerten können. Zudem haben sie sich Zwischenziele gesetzt, um die jeweilige Entwicklungsstufe ihrer Portfolios aufzuzeigen. Damit wird es möglich, konkrete Anpassungen vorzunehmen, mit denen sie dann die langfristigen Klimaziele erreichen (können). Trotz dieser ersten Erfolge sind Institute seitens der EZB gefordert, klare Rahmenwerke für die Datenverwaltung zu kreieren, damit exaktere Messungen (als bisher) durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch Erwartungen an detaillierte Indikatoren zum Kreditrisiko und an eine vorausschauende Berichterstattung.

Trotz der aufsichtlichen Kritik hat die EZB jedoch auch eine Vielzahl von bewährten Verfahren ermittelt und als Kompendium veröffentlicht. Damit soll den Instituten eine Hilfestellung gegeben werden, die im Leitfaden 2020 formulierten Erwartungen der Aufsicht grundsätzlich zu erfüllen. Diese Verfahren haben dabei ihren Ursprung in Instituten unterschiedlicher Größe bzw. Geschäftsmodelle. Die EZB regt dabei an, das Kompendium im Kontext weiterer Anforderungen (insbesondere zu Stresstests und zur Eigenkapitalverordnung) zu lesen. Sie behält sich vor, dass die Verfahren nicht zwangsläufig reproduzierbar sind und die jeweiligen Anforderungen (im Einzelfall nicht) erfüllen. So erwartet sie, dass die Verfahren sukzessive weiterentwickelt werden. Übergeordnet geht die EZB dabei im Kompendium auf die folgenden vier Bereiche an bewährten Verfahren zu Klima- und Umweltrisiken ein: Wesentlichkeit (1), Geschäftsstrategien (2), Governance und Risikoappetit (3) sowie das Risikomanagement (4).

Institute haben solide, wirksame und umfassende Verfahren und Strategien zu implementieren, um eine durchgehend angemessene Kapitalausstattung zu garantieren (Artikel 73 Richtlinie 2013/36/EU (Eigenkapitalrichtlinie)). Speziell hier gilt es auch, sich in diesem Zusammenhang über die Wesentlichkeit (1) von Aspekten im Klaren zu sein. So sind bezogen auf Klima- und Umweltrisiken die einzelnen Risikotreiber zu identifizieren und es ist zu klären, welche dieser Faktoren bezogen auf die institutsseitigen Engagements wesentlich sind. In Bezug auf die Geschäftsstrategie (2) haben die Institute zu zeigen, inwiefern sie ihre Exposition gegenüber transitorischen und physischen Risiken in ihrem Management umsetzen wollen. Dazu beobachtete Verfahren betreffen in diesem Kontext die Planung des Übergangs, bestimmte Zielsetzungen, Übergangsprodukte sowie weitere strategische Steuerungsmechanismen.

Angewandte Methoden zur Governance und Risikobereitschaft (3) gehen auf unterschiedliche Anforderungen von Seiten der Aufsicht ein. Seien es grundsätzliche Verantwortlichkeiten, der Risikobereitschaftsrahmen, eine Organisationsstruktur im Sinne der Three-lines-of-Defense-Idee oder die Meldung aggregierter Risikodaten. Folglich betreffen die Verfahren dabei zum Beispiel auch den Aufbau des Managements, die Vergütungs- und Organisationsstrukturen sowie die wichtigsten Risikokennzahlen und Anforderungen zur Berichterstattung. Im Risikomanagement (4) nutzen Institute dagegen Methoden und Verfahren zur Minderung und Überwachung der Folgen aus Risikotreibern zu Klima- und Umweltrisiken auf beispielsweise das Kredit- oder Marktrisikomanagement. So besteht die Möglichkeit, dass zum Beispiel Ausschlusskriterien genutzt werden, um das Kreditrisiko (im Kreditportfolio) und zugleich das Marktrisiko (im Anlageportfolio) zu verringern.

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Tobias Grollmann

Spezialistenteams Banken
Abteilungsleiter
Fachlicher Leiter Spezialistenteam
Nachhaltigkeit/Sustainable Finance

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