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Neue Konsultationsfassung für EBA-Leitlinien zum Management von ESG-Risiken

  • 26.01.2024
  • von Tim Schmitz
  • Grundsatzblog

Am 18. Januar 2024 veröffentlichte die European Banking Authority (EBA) eine Konsultationsfassung neuer Leitlinien zum Management von ESG-Risiken (mit einer Einsendefrist bis zum 18. April 2024).

Nach den Leitlinien zur Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06) aus dem Jahr 2020, die Anforderungen an den Kreditprozess adressierter Institute fokussierte, hat die EBA nun eine weitere Leitlinie mit Fokus auf das Management von ESG-Risiken (EBA/CP/2024/02: aktuell noch in der Konsultationsfassung) herausgegeben. Bis zum Jahresende soll die Leitlinie finalisiert werden.

Inhaltlich fokussiert sich das neue Papier auf ESG-Risiken im Risikomanagement. Neben den nationalen Aufsichtsbehörden zur nationalen Umsetzung sind alle Kreditinstitute in der Konsultationsfassung angesprochen, teilweise abgestuft nach dem sogenannten SNCI-Kriterium. Kleine und nicht komplexe Institute (sog. SNCI) besitzen gemäß ihrer Definition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 der CRR-Verordnung (Verordnung (EU) NR. 575/2013; nachfolgend kurz: CRR) unter anderem keine Einstufung als großes Institut (im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 146 CRR), eine Bilanzsumme kleiner 5 Mrd. EUR in den vergangenen vier Jahren vor dem Betrachtungszeitpunkt sowie ein wenig komplexes Geschäftsmodell (z.B. geringer Umfang von Handelsbuchpositionen i.S.d. Art. 94 Abs. 1 CRR, Gesamtwert der Derivatepositionen unterhalb angegebener Schwellenwerte, Anteil des Nicht-EWR-Geschäfts unterhalb angegebener Schwellenwerte).

Rechtliche Einordnung

Mit der Formulierung dieser Leitlinien kommt die EBA ihrem Auftrag aus Artikel 87a Abs. 5 der CRD-Richtlinie (2013/36/EU; nachfolgend kurz: CRD) nach. Gemäß Tz. 8 der Leitlinien wären – neben den Aufsichtsbehörden – nicht nur signifikante Institute, sondern auch kleine, nicht komplexe Institute (SNCI) als Adressaten der Leitlinien gewählt. Hinsichtlich der Institutsgrößen gilt zu beachten, dass auch diese Leitlinien mit Verweis auf Art. 87a Abs. 2 CRD einem Proportionalitätsprinzip zur Umsetzung ihrer Anforderungen folgen.

Inhaltliche Kernthemen der Leitlinien

Inhaltlich fokussieren sich die Inhalte der Leitlinien auf folgende Kernthemen (Tz. 5), die aus Art. 87a Abs. 5 CRD abgeleitet sind:

  1. Formulierung von Mindeststandards bzw. Referenzmethoden zur Integration von ESG-Risiken in den bestehenden Risikomanagementprozess (Risikoidentifikation > Risikomessung > Risikosteuerung > Risikoüberwachung).
  2. Vorgabe quantitativer und qualitativer Bewertungskriterien, anhand derer die adressierten Institute die Auswirkungen von ESG-Risiken auf ihr Risikoprofil und ihre Liquiditätssituation ermitteln können – und das sowohl in der kurzen, der mittleren sowie der langen Frist.
  3. Planungsinhalte zur Umsetzung von Art. 76 Abs. 2 CRD, welcher die Mitgliedsstaaten zum Erlass von Regelungen aufruft, die Leitungsorgane der adressierten Institute zur ausreichenden Erörterung und zur Beteiligung an der aktiven Steuerung wesentlicher Risiken (z.B. zur Bereitstellung ausreichender Ressourcen zum Risikomanagement, zur Beteiligung an der Bewertung von Vermögenswerten, zum Einbezug externer Ratings und interner Modelle in das Management wesentlicher Risiken sowie zur Festlegung von Berichterstattungspflichten innerhalb des Institutes) verpflichtet.

Identifikation und Messung von ESG-Risiken

Der Abschnitt 4 der Leitlinien (Tz. 11-39) beschäftigt sich mit der Identifikation und Messung von ESG-Risiken: Darin enthalten sind einerseits Anforderungen an die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse im Rahmen der Risikoinventur (Tz. 11-18), bei der u.a. der Einfluss von ESG-Risikofaktoren auf bestehende regulatorisch relevante Risikoarten und somit auch auf das Geschäftsmodell und das Risikoprofil des Instituts in kurzer, mittlerer und langer Frist herauszuarbeiten (Integration in das bislang bestehende Risikomanagementsystem) und als Teil des ICAAP hinreichend zu dokumentieren ist. Andererseits finden sich dort auch noch Anforderungen an die hierfür notwendige Identifikation und Messung von ESG-Risiken (Tz. 19-39), die sich von der Implementierung geeigneter Datenprozesse zur Erhebung von ESG-bezogenen Daten, über die Verwendung geeigneter Mess-, Bewertungs- und Mappingverfahren bis hin zur Notwendigkeit der Kombination von risiko-, portfolio- und szenariobasierten Methoden zur Bewertung von ESG-Risiken über verschiedene Zeithorizonte erstrecken.

Mindeststandards bzw. Referenzmethoden zur Integration von ESG-Risiken in die Risikosteuerung und -überwachung

Die in Abschnitt 5 (Tz. 40-73) der Leitlinie dargelegten Mindeststandards bzw. Referenzmethoden zur Integration von ESG-Risiken in die Risikosteuerung und -überwachung gehen dabei auf Grundprinzipien zur Integration von ESG-Risiken in das Risikomanagementsystem des Instituts (nicht nur zur Risikoidentifikation und Bewertung, sondern u.a. auch zur Risikosteuerung und -bewertung) ein (Tz. 40-42). Die identifizierten ESG-Risiken sollen von den Instituten dann auch bei der Formulierung ihrer individuellen Geschäfts- und Risikostrategie (Tz. 43-45) sowie bei der Festlegung ihres Risikoappetits (Tz. 46-48) Beachtung finden.

Auch in der Unternehmenskultur sowie bei der institutsinternen Ausgestaltung des Three-Lines-of-Defense-Modells (Tz. 49-54) sind ESG-Risiken hiernach entsprechend zu integrieren. Zur jederzeitigen Sicherstellung der Solvenz des Instituts sind die identifizierten Auswirkungen von ESG-Risiken auf bestehende Risikoklassen dann auch noch entsprechend im ICAAP und ILAAP des Instituts (Tz. 55-59) sowie bei der Ausgestaltung von Kreditrisikorichtlinien und -verfahren (Tz. 60-62) zu berücksichtigen. Um den künftigen Einfluss von ESG-Risiken auf das Bankportfolio besser bewertbar zu machen und überwachen zu können, werden in Abschnitt 5 abschließend noch Anforderungen an Strategien und Verfahren zur Bewertung ihrer künftigen Auswirkungen auf andere Risikoklassen (konkret: Marktpreisrisiken, Liquiditätsrisiken, operationelle Risiken, Reputationsrisiken und auch Konzentrationsrisiken) (Tz. 63-68) sowie an das Monitoring von ESG-Risiken (Tz. 69-73) formuliert.

Einbindung des Leitungsorgans in die Erörterung und Steuerung von Risiken (i.S.d. Art. 76 Abs. 2 CRD)

Die in Abschnitt 6 (Tz. 74-105) der Leitlinie formulierten Anforderungen an Planungsinhalte des Leitungsorgans zur Umsetzung des Art. 76 Abs. 2 CRD umfassen neben der Formulierung von allgemeinen Kernprinzipien zum Umgang mit ESG-Risiken im Rahmen der Umsetzung des Art. 76 Abs. 2 CRD (Tz. 74-83) auch noch Anforderungen an spezielle Governance-Themen (z.B. an die Festlegung von Rollenverteilungen von der Entwicklung bis zur Umsetzung von Plänen sowie an die Schaffung interner Prozesse und die Bereitstellung hinreichender Kapazitäten zur Umsetzung ihrer Pläne) (Tz. 84-88). Zur Herstellung zielkongruenten Verhaltens innerhalb des Instituts bei der Umsetzung der Pläne werden dann auch noch Vorgaben zu Zielen (z.B. zum Herunterbrechen von Zielen auf untere Ebenen, zu Zeithorizonten von Zielen sowie zu deren inhaltlichen Kongruenz zur strategischen und risikobezogenen Steuerung z.B. im Hinblick auf ESG-Risiken) und Messgrößen (z.B. finanzierte Treibhausgasemissionen, Höhe/Anteil der Einkünfte aus Geschäften mit Gegenparteien besonders klimaschädlicher Branchen, Aufschlüsselung durch Immobilien besicherter Portfolios nach Energieeffizienzniveau) (Tz. 89-96) ergänzt.

Für die Entwicklung der vorgenannten Pläne des Instituts sowie die darauf aufbauenden Zielsetzungen sollen die Institute auch verschiedene Klimaszenarien bzw. -pfade (Tz. 97-100) heranziehen, was nicht nur zum besseren Verständnis der Sensitivität gegenüber physischen und transitorischen Risiken, sondern auch bei der Ableitung künftiger Strategien bei angenommener Exposition gegenüber ESG-Risiken förderlich ist. Abschließend müssen die Institute hierzu passend eigene Planungen zur institutsinternen Anpassung an den gesamtwirtschaftlichen Wandel hin zu einer ökologisch nachhaltigen Volkswirtschaft (Engl.: transition plans) entwickeln (Tz. 100-105).

Quellen: https://www.eba.europa.eu/sites/default/files/2024-01/c94fd865-6990-4ba8-b74e-6d8ef73d8ea5/Consultation%20papaer%20on%20draft%20Guidelines%20on%20ESG%20risks%20management.pdf, https://www.eba.europa.eu/publications-and-media/press-releases/eba-consults-guidelines-management-esg-risks

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Tobias Grollmann

Spezialistenteams Banken
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Nachhaltigkeit/Sustainable Finance

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