Aktuell hält die Corona-Pandemie uns und die ganze Welt fest im Griff. In Deutschland gehören die für die Nahrungsmittelherstellung notwendigen land- und agrarwirtschaftlichen Betriebe zur unverzichtbaren Infrastruktur. Das ist nicht nur folgerichtig sondern auch ein wichtiges und richtiges Signal an die Landwirtinnen und Landwirte, die noch zur Vor-Coronazeit in der Diskussion um Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte und Arbeit politisch und gesellschaftlich um Anerkennung kämpften. Gleichwohl steht auch die Landwirtschaft, unsere Agrargenossenschaften, als auch die landwirtschaftlichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften vor Herausforderungen in der Corona-Krise.
Ein prominentes Beispiel der vergangenen Tage sind die Saisonarbeitskräfte, die in den Vorjahren relativ verlässlich zur Erntezeit aus dem europäischen Ausland die Betriebe unterstützten und aktuell nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen können. Mittlerweile werden die Erntehelfer zwar nicht mehr gänzlich an der Einreise gehindert, diese kann aber nur in begrenztem Umfang und unter strengen Auflagen erfolgen. Hier muss eine stetige Überprüfung von Regeln erfolgen, so dass die Einschränkungen nur so kurz wie irgend möglich bestehen bleiben.
Zuversichtlich in der Krise stimmt mich, dass sich die landwirtschaftliche Branche in Deutschland sehr schnell vernetzt hat und sich in Eigenregie selbst, beispielsweise in Form verschiedener Online-Plattformen zur Vermittlung von Erntehelferinnen und Erntehelfern, zu helfen wusste. Die enge Vernetzung mit unseren Mitgliedern hat es uns ermöglicht, an vielen Stellen kurzfristig und pragmatisch Unterstützung zu leisten. Zudem haben sich unsere Kolleginnen und Kollegen bei uns im Verband auch zu späten Arbeitsstunden und am Wochenende für die Anliegen der Mitglieder mit viel persönlichem Einsatz stark gemacht.
Die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie werden sich in der Landwirtschaft erst nach und nach zeigen. Das betrifft einerseits den Nachschub an Ersatzteilen, teilweise auch an Betriebsmitteln, den Nachfragerückgang bei Schlachttieren und einem entsprechendem Preisdruck – auch bei der Milch lassen sich solche Tendenzen erkennen – sowie in der parallelen Bewältigung weiterer Probleme, wie Geflügelpest oder ASP. Kurzfristig muss es nun darum gehen, dass der Laden am Laufen gehalten wird. Reiserückkehrern und Kontaktpersonen landwirtschaftlicher Betriebe muss es ermöglicht werden, dass sie ihrer Arbeit nachgehen. Das so genannte Berliner Modell bietet die hierfür erforderlichen Voraussetzungen. Betroffene Personen müssen sich dabei einer regelmäßigen Kontrolle, u.a. Fieber messen und Durchführung eines PCR-Tests, unterziehen.
Weitere Unterstützung ist auch für die Genossenschaften der landwirtschaftlichen Ware erforderlich. Wichtig hier ist, dass die unterschiedlichen Hilfsprogramme und Regeln in den Ländern nicht zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen. Hierzu zwei Beispiele aus Ostdeutschland: Anders als in anderen Bundesländern (Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen) sind die Raiffeisen-Märkte als wichtige Versorgungsinfrastruktur im ländlichen Raum in Sachsen geschlossen worden. Probleme, die sich daraus ergeben sind: Einkaufstourismus in andere Bundesländer, Wettbewerbsverzerrungen durch Verkauf z.B. von Pflanzen und Gartenartikeln in Supermärkten. Eine andere Problematik ergibt sich aus den Liquiditätszuschüssen. So setzt das Land Sachsen im Hinblick auf Liquiditätszuschüsse offenbar ausschließlich auf die Bundes- und Kreditprogramme. Dies ist in anderen Bundesländern anders, so können in Thüringen bspw. Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten 30.000 € Zuschüsse bekommen. In solchen Fällen wünschen wir uns eine Harmonisierung, so dass Hilfe für die einen nicht zum Wettbewerbsnachteil für die anderen wird.