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Siebte MaRisk-Novelle fokussiert ESG-Risiken

  • 28.07.2023
  • von
  • Grundsatzblog

Die siebte MaRisk-Novelle überführt viele Ansätze zu ESG-Faktoren von nationaler (BaFin) und europäischer (EBA) Bankenaufsicht in verbindliche Anforderungen.

Mit der am 29. Juni 2023 erschienenen siebten MaRisk-Novelle inklusive ihrem Anschreiben an die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft werden viele Ansätze zu den ESG-Faktoren aus dem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken (BaFin) sowie aus den Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA) in verbindlich zu erfüllende Anforderungen der Aufsicht überführt. Vereinzelte Übergangsfristen werden den Banken aber noch bis Anfang 2024 zugestanden.

Hatte das Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken noch den Charakter einer Zusammenstellung von möglichen Verfahren, werden die einzelnen ESG-bezogenen Anforderungen nun Teil der verbindlichen Vorgaben der aufsichtlichen Prüfung und erfassen dabei auch Passagen der EBA-Leitlinien (EBA/GL/2020/06) zum Umgang mit ESG-Risiken. Abgestimmt auf ihr Risikoprofil und Geschäftsmodell haben Banken ihr Risikomanagement um ESG-Elemente zu erweitern, wobei sich die Aufsicht dabei der derzeit noch bestehenden Datenmängel sowie Mess- und Steuerungsprobleme durchaus bewusst scheint. Dennoch gilt es vor allem diejenigen Instrumente zur Messung, Steuerung und Verminderung von solchen Risiken aufzubauen.

Die Folgewirkungen aus ESG-Risiken sollten in den Verfahren zur Risikoklassifizierung berücksichtigt werden. Für eine nicht näher definierte Übergangszeit besteht jedoch laut der Aufsicht die Möglichkeit, im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung noch auf Scores zu ESG-Elementen zurückzugreifen. War bisher die Interpretation der Anforderung an wissenschaftliche Erkenntnisse noch weitestgehend unklar, so konkretisiert die BaFin dies indem sie beispielhaft die Szenarien zu transitorischen und physischen Risiken der Europäischen Zentralbank (EZB), des Central Bank and Supervisors Network for Greening the Financial System (NGFS), des Helmholtz-Zentrums, des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und der internationalen Energieagentur nennt.

So können Szenario- und Sensitivitätsanalysen auf Basis von physischen und transitorischen Entwicklungen die „Tail Risks“ aufdecken. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der betreffende Zeitraum der Betrachtung adäquat zum jeweiligen Anwendungsbereich – sprich „angemessen lang“ – bleibt. Zwar formulieren die neuen MaRisk keinen ausdrücklichen Zeitraum, halten aber fest, dass allein vorhandene historische Daten nicht ausreichen. In diesem Kontext ergibt sich bei zu langen Zeiträumen die Problemstellung, dass dort Unsicherheitsfaktoren zunehmen. Wohingegen bei einem zu kurzen Zeitraum bestimmte Aspekte aus physischen und transitorischen Nachhaltigkeitsrisiken gar nicht vollends erkennbar werden könnten. Zudem sollten Kompetenzträger in Banken frühzeitig auf die CRD VI-Richtlinie mit ihren drei Zeitbetrachtungen reagieren.

In Bezug auf die Ausgestaltung von Szenarien und Untersuchungszeiträumen verdeutlicht die Aufsicht die Wichtigkeit des Proportionalitätsprinzips und führt dies näher aus. Die Anforderungshaltung der Aufsicht in Sachen ESG-Risiken solle keineswegs der Kreditvergabe im Rahmen der realwirtschaftlichen Transformation im Weg stehen. Es gehe vielmehr um die Aufforderung an Banken diese Risiken zielgerichtet zu steuern und angemessen zu managen. Im weiteren Verlauf des Anschreibens an die Spitzenverbände führt die Aufsicht noch einzelne Auslegungen und Aspekte der neuen MaRisk-Novelle näher aus. Besonders spannend sind jedoch die jeweiligen Zeitpunkte des Inkrafttretens einzelner ESG-bezogener Inhalte.

Ab wann gelten also die neuen aufsichtlichen Anforderungen zum Umgang mit ESG-Risiken?

Die BaFin unterscheidet bei Anforderungen an das Risikomanagement in Zusammenhang mit ESG-Risiken zwischen Klarstellungen und Neuerungen. Klarstellungen gelten dabei als grundsätzlich bereits über z. B. das BaFin-Merkblatt als bekannt und sind direkt mit Inkrafttreten der MaRisk-Novelle zu erfüllen. Demgegenüber sieht die BaFin Neuerungen im Kontext von ESG-Risiken vor allem in den Bereichen der Quantifizierung von Risiken und in Aspekten rund um wissenschaftliche Szenarien. So fallen unter diese Neuerungen – mit Umsetzungstermin 1. Januar 2024 – die folgenden MaRisk-Passagen: AT 2.2 Tz. 1 Erl., AT 4.1 Tz. 1 und Tz. 2 Erl., AT 4.3.3 Tz. 1, AT 4.5 Tz. 5, BTO 1.2 Tz. 4, BT 3.1. Tz. 1 und BT 3.2 Tz. 1 Erl.

Doch wie lassen sich die ESG-bezogenen Anforderungen nun in der gesamten Bank orchestrieren?

Um dazu den betroffenen Entscheidern möglichst frühzeitig erste Handlungsimpulse und Beispiele zu geben, haben Dr. Benjamin Wilhelm und der Autor bereits im Vorfeld der mittlerweile veröffentlichten siebten MaRisk-Novelle zwei Artikel in der Zeitschrift „Die Bank“ – seinerzeit noch auf Basis der Konsultationsfassung – veröffentlicht. So zeigen wir jeweils im Hinblick auf die neuen ESG-Anforderung mögliche Ansätze in der Organisation und im Risikomanagement sowie in Kreditprozessen.

Um den Mitgliedern des Genossenschaftsverbands – Verband der Regionen e.V. exklusiv und besonders detailliert die neuen MaRisk vorzustellen sowie auch vielfältige Ansätze aus der Praxis und Veröffentlichungen zum Umgang mit den aufsichtlichen Anforderungen an die Hand zu geben, sind die Rundschreiben BP 2023/076 und BP 2023/088 erschienen. Hierzu und zu weitergehenden Fragen stehen unseren Mitgliedern wie gewohnt ihre Ansprechpartner zur Verfügung.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

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Tobias Grollmann

Spezialistenteams Banken
Abteilungsleiter
Fachlicher Leiter Spezialistenteam
Nachhaltigkeit/Sustainable Finance