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EU-Einlagensicherung bleibt ein Angriff auf genossenschaftliche Prinzipien

  • 22.06.2017
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Volksbanken und Raiffeisenbanken sollen für Risiken anderer Kreditinstitute in Europa haften: Das ergibt sich aus einem Vorschlag für eine gemeinsame EU-Einlagensicherung, den Esther de Lange, zuständige Berichterstatterin im Europaparlament, nun vorgelegt hat.

Der Entwurf des Parlaments ist weniger weitreichend als die 2015 veröffentlichten Pläne der EU-Kommission, die eine komplette Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa umfassen. Dennoch sieht auch der de-Lange-Vorschlag eine teilweise Vergemeinschaftung von Risiken vor. Hierdurch drohen Fehlanreize und eine Benachteiligung der soliden Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Laut dem de-Lange-Vorschlag sollte es zunächst eine mehrjährige „Rückversicherungsphase“ geben. Während dieser Zeit müssten sich die verschiedenen Einlagensicherungssysteme der EU-Mitgliedsländer gegenseitig mit Liquidität aushelfen, falls es zu Bankenkrisen kommt. Später soll ein gemeinsamer europaweiter Einlagensicherungsfonds eingeführt werden, der dazu genutzt werden soll, Anleger zu entschädigen, wenn irgendwo in Europa eine Bank in Not gerät. Die nationalen Systeme müssten laut dem Vorschlag einen bedeutenden Teil ihres gesetzlich vorgeschriebenen Mittelbestands auf diesen Fonds überführen.

Eine solche Mithaftung für Banken überall in Europa widerspräche jedoch entscheidenden genossenschaftlichen Prinzipien. Bei der über 80 Jahre alten, freiwilligen Sicherungseinrichtung der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken gilt: keine Haftung ohne gegenseitige soziale und institutionelle Kontrolle.

Treten bei einer Mitgliedsbank Probleme auf, können Prüfungsverband und genossenschaftliche Sicherungseinrichtung diese Bank beispielsweise frühzeitig zu einer Neustrukturierung oder zu Veränderungen im Management verpflichten. Dieses System funktioniert so gut, dass seit Gründung der Sicherungseinrichtung noch nie Kunden der angeschlossenen Genossenschaftsbanken Verluste ihrer Einlagen erleiden oder entschädigt werden mussten. Auch eine Insolvenz einer angeschlossenen Bank ist noch nie vorgekommen.

Eine teilweise Vergemeinschaftung der EU-Einlagensicherung würde dazu führen, dass deutsche Genossenschaftsbanken beispielsweise für große internationale Geschäftsbanken mithaften müssten, ohne auf deren Geschäftspolitik Einfluss nehmen zu können. Fehlanreize würden zunehmen, wenn riskant agierende, auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtete Kreditinstitute und deren Kunden auf die Mithaftung solider Genossenschaftsbanken vertrauen könnten.

Nachvollziehbar ist, dass die EU verhindern will, dass noch einmal Steuerzahler für eine Bankenpleite aufkommen müssen. Hier sollte jedoch zunächst das „Too big to fail“-Problem glaubwürdig gelöst werden. Der Marktanteil der fünf größten Banken in der Eurozone nach Bilanzsumme beträgt aktuell rund 48 Prozent, 4 Prozentpunkte mehr als im Krisenjahr 2008.

Der RWGV fordert…

  • den Verzicht auf eine zwangsweise Vergemeinschaftung der Einlagensicherung.
  • überzeugende und faire Lösungen für das „Too big to fail“-Problem – beispielsweise eine Differenzierung in der Bankenregulierung, die es für Banken lohnenswerter macht, „small enough to fail“ zu sein

Sprechen Sie hierzu gerne an:

Stefanie Schulte Profil bild
Referentin Grundsatzfragen Bankaufsichtsrecht

Stefanie Schulte

  • 0211 16091-4659

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