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GAP-Vorschläge: Gut gemeint – Schlecht gemacht!

  • 15.08.2025
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81 % der Agrargenossenschaften fürchten um ihre wirtschaftliche Zukunft

In der vierten Panelumfrage „Barometer Agrargenossenschaften“ des Genoverband e.V. wurden Agrargenossenschaften zu der aktuellen EU- und Bundespolitik sowie ihrer wirtschaftlichen Situation und ihrem Investitionsverhalten befragt.

Das Wichtigste in Kürze:

  • 65 % der Agrargenossenschaften bewerten ihre aktuelle wirtschaftliche Situation positiv.
  • 81 % befürchten bei einer Kappung der Direktzahlungen, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, das wirtschaftliche Aus.
  • 93 % bewerten die Kommissionsvorschläge zur GAP als erhebliche Gefahr für strukturelle Umbrüche und damit eine Verarmung der Agrarstruktur.

Die aktuelle wirtschaftliche Situation bewerten die Agrargenossenschaften mehrheitlich als gut (gut: 59 %, sehr gut: 6 %), ähnlich wie bei der dritten Befragungswelle im Februar 2025. Mit Wachstum rechnen in 2025 13 % der Genossenschaften (-4 % im Vergleich zur dritten Welle), 70 % (+7 %) gehen von Stabilität aus. Der Anteil der Agrargenossenschaften, die mit einem wirtschaftlichen Rückgang in den kommenden zwölf Monaten rechnen, ist im Vergleich zum Februar sogar um 3 % gesunken.

Der Einfluss der (Agrar-)Politik auf die eigene wirtschaftliche Situation ist aus Sicht der Agrargenossenschaften mit 43 % (-7 %) weiterhin beachtlich. Nur die Marktpreise mit 93 % (+13 %) beeinflussen die wirtschaftliche Situation der Betriebe noch unmittelbarer als die Politik.

Strukturelle Diskriminierung großer Mehrfamilienbetriebe

In Anbetracht der positiv bewerteten wirtschaftlichen Ausgangslage, schockieren die Einschätzungen der genossenschaftlichen Unternehmer zu den GAP-Plänen der EU-Kommission. Der Genoverband e.V. hat bereits im Detail auf das fatale Signal des Kommissionsvorschlags und insbesondere der angekündigten Kappung der Direktzahlungen auf die maximale Fördersumme von 100.000 € hingewiesen (Pressemitteilung vom 16.07.25). Dies wäre erneut eine strukturelle Diskriminierung der Kooperation in Mehrfamilienbetrieben.

Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern spielen die über 800 Agrargenossenschaften eine bedeutende wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Rolle. Sie bewirtschaften mit mehr als 20.000 Mitarbeitenden eine Fläche von 3,6 Millionen Hektar und bieten etwa 30.000 Mitgliedern und Mit-Unternehmern ein Einkommen.

Die Agrargenossenschaften wären von den Vorschlägen der EU-Kommission massiv betroffen:

  • 81 % der Agrargenossenschaften geben an, dass sie bei einer Kappung der Direktzahlungen bei 100.000€ wirtschaftlich nicht überlebensfähig wären.
  • 93 % der Befragten bestätigen, dass bei einer Umsetzung der Vorschläge der EU-Kommission erhebliche strukturelle Umbrüche in der Landwirtschaft drohen und es zu einer Verarmung der vielfältigen landwirtschaftlichen Strukturen kommen könne.
  • Die Kriterien für Direktzahlungen müssen die Besonderheiten der Agrargenossenschaften als Mehrfamilienbetriebe berücksichtigen und sind individuell auf das Mitglied abzustellen – so die Meinung von 90 % der Teilnehmenden. Bei der Befragung im Februar stimmten bereits 48% zu, dass sich die Fördergrenzen an den Mitgliederzahlen orientieren sollten.

„Die Potenziale von Agrargenossenschaften werden in dem Entwurf überhaupt nicht berücksichtigt. Keine andere Rechtsform bietet jungen Landwirtinnen und Landwirten eine bessere Möglichkeit, früh unternehmerische Verantwortung zu übernehmen“, so Marco Schulz, Vorstandsmitglied des Genoverbandes. Dies bestätigen 92 % der Teilnehmenden und geben an, dass die Möglichkeit eines Einstiegs als Mit-Unternehmer in einer Agrargenossenschaft bei der Junglandwirteförderung der GAP adäquat berücksichtigt werden muss.

65 % der Befragten zählen Junglandwirte zu ihren Mitgliedern. Das Barometer Agrargenossenschaften aus Februar 2025 zeigt leider, dass lediglich 38 % der Anträge auf Junglandwirteförderung für 2024 bewilligt wurden. Leer ging auch Sabine Eidam, Aufsichtsratsvorsitzende der Agrarproduktion ‚Am Bärenstein‘ Struppen eG und Zweitplatzierte beim Förderpreis „Wir von hier: Junge Profis in Agrargenossenschaften“, aus.

Vorsichtiger Optimismus bei der Agrarpolitik auf Bundesebene

Rund einhundert Tage nach Bildung der neuen Bundesregierung geben 37 % der Agrargenossenschaften an, die Agrarpolitik hätte sich auf Bundesebene etwas verbessert, 4 % sprechen von einer deutlichen Verbesserung. 55 % hingegeben sehen kaum oder überhaupt keine Verbesserung. Noch vor der Bundestagswahl 2025 erwarteten 78 % keine Verbesserung oder hielten diese für eher oder sehr unwahrscheinlich.

Die Themen, in denen die Agrargenossenschaften den größten Handlungsbedarf sehen, bleiben weitestgehend konstant:

  1. Bürokratieabbau 83 % (+10 %)
  2. Faire Wettbewerbsbedingungen 49 % (+5 %)
  3. Ermöglichen von wirksamem Pflanzenschutz 44 % (+7 %)

In der Befragung im Februar 2025 plädierten 64 % der Teilnehmenden für einen Landwirtschaftsminister aus der Union. Marco Schulz zieht die 100-Tage-Bilanz wie folgt: „Minister Alois Rainer hat mit der Wiedereinführung der Dieselrückvergütung und dem Ende der Stoffstrombilanz erste Schritte in die richtige Richtung getan. Priorität eins bleibt aber eindeutig der Bürokratieabbau. Das spiegeln uns sowohl die Umfrage als auch unsere Gespräche mit den Mitgliedern vor Ort.“


Über den Genoverband

Der Genoverband e.V. ist der Prüfungs- und Beratungsverband, Interessenvertreter und Bildungsträger für rund 2.800 Mitgliedsgenossenschaften – darunter fast 500 Agrargenossenschaften. Als moderner Dienstleister betreut er Genossenschaften aus den Bereichen Kreditwirtschaft, Landwirtschaft, Agrarwirtschaft, Verkehr und Logistik sowie Handel, Gewerbe und Dienstleistungen mit über acht Millionen Mitgliedern. Mehr Informationen unter: www.genoverband.de

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Andreas Eisen Profil bild

Dr. Andreas Eisen

Beratung und Betreuung Genossenschaften
Bereichsleiter

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